Montag, Juli 12, 2010

IPad - Erwartungen und Erfüllungen

Zunächst muss ich mich entschuldigen. Dieser Eintrag ist jetzt überfällig. Doch es hat einen Grund, warum ich nicht auf den iPad-Schnelltest Zug aufgesprungen bin. Wenn man ein neuartiges Gerät testen will, braucht man etwas Zeit und noch mehr Zeit, um ein paar wirklich relevante Aussagen über den Alltagseinsatz zu berichten. Daher hab ich mir doch etwas Zeit gelassen.

Nicht nur von mir sind, seit der Präsentation des Gerätes, viele Erwartungen an diesen neuen Personal Computer formuliert worden. Ich muss zugeben, dass ich auf die Einführung des neuen Apple Gerätes gewartet habe, wie auf bisher kein technisches Spielzeug oder Werkzeug zuvor.

Was hab ich erwartet?
1. Ein gut transportables Werkzeug, mit dem ich überall digitale Entwürfe anfertigen und digitale Bildbearbeitung kurz nach der Foto-Aufnahme vornehmen kann. 2. Ein Lesegerät, um den Spiegel und andere Magazine in Form einer digitalen Zeitschrift lesen zu können. 3. Ein Upgrade meiner Musik-Software, die ich auf dem iPod Touch schon seit fast zwei Jahren nutze. 4. Einen "Always on"-Internet Browser.

Und was hab ich bekommen?
Die Einsatzmöglichkeiten dieses Gerätes, von dem viele nicht wissen, wofür man das denn bitte braucht, sind so vielfältig, dass es tatsächlich eine neue Klasse im Computersegment definiert. Für mich war es in den letzten Wochen:
- Immer griffbereites und aktiviertes Internet-Tablett
- Musikinstrument und Groovebox
- Kreativwerkzeug für Mockups, Skribbles, Moodboards
- Mobiles Fotobearbeitungslabor
- Zeitschriftenlesegerät für Nachrichten- und Lifestyle-Magazine
- Lesegerät für Fotobücher, Atlanten, Nachschlagewerke und PDF-Magazine
- Spielekiste für Alleinunterhaltungsspiele und Gesellschaftsspiele
- TV Ersatzgerät zum Anschauen von Filmen und Musik-Videos
- Präsentationsoberfläche

Was ich aber vor allem erhalten habe, ist ein Gerät mit dem ich um einiges intuitiver und kreativer arbeiten kann, als mit jedem PC oder Mac, den ich zuvor genutzt habe.

Ein paar Beispiele für die Nutzungsmöglichkeiten des Pads:

Das Internet-Tablett - Always-On
Eine der Haupteigenschaften des iPad ist die Möglichkeit es nahezu überall zu benutzen und in Sekundenschnelle einsatzbereit zu haben. Das verführt allerdings auch häufiger dazu, mal einen schnellen Blick in Wikipedia zu werfen. Oder ich suche in der IMDB Informationen zum Hintergrund und den Schauspielern eines gerade laufenden Filmes. Mit dem größeren Bildschirm machen viele Anwendungen mehr Spaß und bieten einen besseren Überblick, als im bisherigen Smart-Phone-Mini-Format.

Das gleiche gilt für alle anderen Webservices: Sie sind nur noch einen Handgriff weit weg und liegen auch gerne mal (verhältnismäßig) unauffällig auf dem Küchen- oder Wohnzimmertisch. Zudem nimmt man das iPad eher mal mit auf einen Ausflug, als man das mit seinem Notebook getan hätte. Always-On.

Die erste wirkliche Konkurrenz zum klassischen Fotoalbum
Im Gegensatz zum stationären PC oder Notebook ist das iPad ein Gerät, das tatsächlich einen Ersatz zum klassischen Fotoalbum bietet. Und der entscheidende Faktor ist hierbei die fehlende Tastatur. Das wahrhaftige "in die Hand nehmen" des digitalen Albums und die Möglichkeit, die Bilder wieder herumreichen zu können machten das Teil ganz schnell zu meinem neuen Fotoalbum.

Dasselbe gilt für Fotobücher. Die Betrachtung von Bildern macht soviel Spaß, dass ich mir extra ein paar Künstler-PDF-Zeitschriften und Fotobuch-Apps auf das iPad geladen habe und nun digital durch die Bilderwelten "blättere".

Für mich ist jetzt schon abzusehen, dass sich hier ein weiterer Weg der Bilder-Distribution entwickelt.

Der moderne Soundgenerator
Was auf dem iPhone oder iPod Touch noch witzig und teilweise niedlich war, wird mit dem iPad erwachsen. Viele Musik-Apps, die auf dem kleinen Display eines Smartphones noch wie nette Spielereien wirkten, können mit Hilfe des erweiterten Touchscreens erst richtig ihre kreativen Möglichkeiten offenbaren. Die virtuellen Piano-Tastaturen sind nun auch für Erwachsenenhände groß genug und der Spielraum für gute neue Groove-Interfaces (wie bei Groovemaker oder Looptastic) oder neuartigen Sound-Workstations (wie Aurora oder iSequence) machen das Experimentieren mit Sounds, Melodien oder Grooves extrem einfach und intuitiv.

Musik hat für mich auch viel mit ausprobieren und spielen zu tun. Da macht es die Anschaffung zum Testen neuer Interfaces auch um einiges schmerzfeier, dass die Apps nur einen Bruchteil von den "großen" Geschwistern für PC oder Mac kosten.

Das papierlose Büro kommt
Soviele PDFs oder sonstige digitale Dokumente wie in den letzten Wochen habe ich noch nie auf einem Bildschirm gelesen. Ich muss zugeben, dass ich früher eher geneigt war digitales doch auszudrucken. Die Frage, ob man denn vom iPad aus Drucken kann, hat sich mir überhaupt nicht gestellt. Gegenfrage: Wozu? Drucken wirkt für mich nun in noch mehr Fällen mächtig unsinnig.

Das iPad als Zeitschriften-Lesegerät
Ja, auch ich habe das iPad als Lesegerät benutzt. Für Wochenzeitschriften, Kataloge, Rezeptsammlungen, Lifestyle-, Business- und Kunst-Magazine. Und das werde ich auch in Zukunft tun...

Das iPad wird von einigen Medien-Experten insbesondere als Heilsbringer für die angeschlagene Verlagsbranche angesehen - was tatsächlich so sein könnte. Vielleicht ist es aber auch die Erfindung, die den Niedergang etablierter, großer Verlagshäuser einläutet. In dem Konzept dieses Lesegerätes mit all seinen möglichen App-Ausprägungen steckt nämlich ein extrem hohes Potential der Demokratisierung von Zeitschriften-Produktionen. Der kostenintensive klassische Vertriebsweg und die kostenintensive Druckproduktion fallen weg und es gibt endlich ein Gerät, das man auch gerne mal mit aufs Sofa oder an den Küchentisch nimmt - oder in den Rucksack oder die Handtasche steckt.

Hier eröffnet sich eine riesige Chance für Autorengruppen, die hochwertige Inhalte selbstständig anbieten wollen. Dies war bisher zwar schon in Form von PDF-Magazinen im Internet möglich, es fehlte aber noch die Micro-Payment-Funktion, um die Arbeit auch einfach monetarisieren zu können. Diese wäre im App-Store vorhanden. Und wenn mit den Copy-Preisen nicht übertrieben wird, könnten sich hier schöne neue Magazine etablieren.

Fazit
Was Apple da mit Hilfe von tausenden App-Entwicklern geschaffen hat, ist ein neues Multimedium, das ein enormes Potential dazu hat, viele Notebooks oder Desktop-PC aus heimischen Wohn- und Schlafzimmern zu verbannen. Und ganz vielleicht entdeckt der ein oder andere Nutzer mit Hilfe dieses PC tatsächlich wieviel kreative Energie in ihm steckt. Die günstigen und hilfreichen kleinen Apps dazu gibt es allemal und jetzt schon in erstaunlicher Vielfalt.

Was aus diesem Touch-Pad Konzept noch so alles erwachsen kann, bleibt der Fantasie überlassen. es gibt scheinbar unendlich viele Einsatzmöglichkeiten, die man sich bisher auf einem Notebook oder auch einem Smartphone nicht vorstellen mochte - oder konnte.

Die Weiterentwicklung dieses neuen Multimediums bleibt spannend.

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