Der Spiegel liegt auf dem Wohnzimmertisch, Die Zeit wird mit den Frühstücksbrötchen am Samstag gekauft, die WIRED ist dekorativ auf dem Schreibtisch platziert, die BILD wir morgens in der U-Bahn gelesen ... ausgelesene Bücher bieten in Regale verstaut "Gemütlichkeit".
Wer kennt das nicht? Wer hat diese Gewohnheiten lieb gewonnen? Wem dienen diese Informations- und Unterhaltungsmedien auch als eine Art Status-Symbol?
Das könnte jetzt alles anders werden. Vielleicht ist in ein paar Jahren nichts mehr von diesen Gewohnheiten und den Zurschaustellungen des eigenen Bildungshorizontes vorhanden. Verschlossen ist dies dann in Aluminium, Glas und Kunststoff - in modernen Lesegeräten. Die Entstehung dieser neuen Medienträger scheint gerade erst begonnen zu haben und sie bergen eine bisher unerwähnte Neuerung - sie verheimlichen das Medium, das gerade genutzt wird.
Bisher ist noch eine Unterscheidung von Zeitungs-, Zeitschriften-, Buch-, Comic- und Onlinelesern möglich. Die Leute, die etwas auf ihre klassische Bildung halten, kaufen natürlich noch klassische Druckerzeugnisse und tragen sie mit Stolz zum Cafétisch, während am Nachbartisch ein "Computer-Nerd" sein Netbook vor sich hat. Einige Menschen sollen sich sogar die Wohnung so einrichten, dass jedem Besucher ein ausreichender Blick auf das gut gefüllte Bücherregal oder den Zeitschriftenkorb möglich ist. So konnten wir bisher schnell wahrnehmen, zu welchem Lesertyp jemand gehört und welche Lektüre er bevorzugt - oder bevorzugt präsentiert.
Wird das so bleiben? Nein!
Die bisherigen Insignien der Wissensgesellschaft werden unsichtbar. Sie verschwinden nicht, aber sie benötigen keinen Aufbewahrungsort mehr, sie schlummern versteckt auf Speicherchips und Servern.
Mit Einführung des iPad in Deutschland wurde vom einen auf den anderen Tag auch hier eine Veränderung in Gang gesetzt, die unsere bisherige Wahrnehmung in Bezug auf diese lieb gewonnen Insignien auflöst. Vielleicht wird sich bald niemand mehr etwas auf sein Zeitschriften-Abo oder die vielen Bücher im Schrank einbilden können.
Einem iPad-Nutzer wird man nämlich nicht sofort ansehen können, ob er gerade die neuste oder eine vergangene Ausgabe des Spiegel-Magazins liest, ob er die WIRED durchblättert, einen Comic oder einen Klassiker aus dem "Project Gutenberg" genießt. Vielleicht blättert er aber auch gerade die BILD-Ausgabe durch und ärgert sich mal wieder über Apples Anti-Sex Kampagne...
Nun wird vielleicht noch deutlicher, dass Bildung von Wissen nichts mit dem Trägermedium zu tun hat. Es ist egal, ob etwas über ein Druckerzeugnis oder einen Bildschirm vermittelt wird. Der Inhalt zählt.
Allerdings wird jetzt eine Frage beim Kennenlernen wieder ganz neuen Sinn ergeben: "Was liest Du gerade?"
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