Es gibt eine alte Forscher-Anekdote, die ein Experiment mit Fröschen
beschreibt. So soll es so sein, dass Frösche, die in einem Wasserbad sitzen,
welches spontan erhitzt wird, sofort aus dem Wasser springen. Frösche, die
jedoch in einem Wasserbad sitzen, das sehr langsam erhitzt wird, bleiben so
lange im Wasser sitzen bis sie zu Tode gekocht sind – sie bewegen sich nicht
aus dem Wasser bis es zu spät ist.
Nun habe ich dieses Experiment noch nie selbst durchgeführt und im Web existieren durchaus Meinungen, die diese Behauptungen für nicht stimmig halten. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass die Beschreibung des Experimentverlaufs einen wahren Kern hat und daher als Metapher durchaus geeignet ist.
Die scheinbar größte Herausforderung ist allerdings die Definition von gemeinsamen Grundlagen für Wissen, Bildung und Ideologien – und eben deren Selektion und Priorisierung. Denn so individuell wir alle auch sind, wollen wir doch immer wieder Gemeinsamkeiten mit anderen Menschen teilen. Der Informations- und Wissenpool, der uns global zur Verfügung steht, ist allerdings schon lange nicht mehr überschaubar und taugt daher auch nicht mehr für eine Definition von "Allgemeinbildung" oder "normalen Fertigkeiten".
Hinweis: Der Artikel wurde am 02.03.2015 leicht überarbeitet.
Nun habe ich dieses Experiment noch nie selbst durchgeführt und im Web existieren durchaus Meinungen, die diese Behauptungen für nicht stimmig halten. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass die Beschreibung des Experimentverlaufs einen wahren Kern hat und daher als Metapher durchaus geeignet ist.
"Information Overload"?
Bei der Betrachtung von einigen aktuellen, deutschsprachigen Publikationen
zu den Themen "Internet" und "Neue Medien" könnte man den
Eindruck bekommen, als wenn wir uns in unserer modernen Informationsgesellschaft im
Bezug auf den viel beschriebenen "Information Overload" wie die
Frösche im langsamen Erhitzungsbad verhalten: Unsere Aufmerksamkeit
könnte bald zerkocht sein und wir haben es nicht einmal gemerkt, weil es so "langsam"
passierte.
Aber ist das tatsächlich so? Eigentlich wird das Wasser gerade nicht langsam erhitzt, sondern die Temperatur sprunghaft von 20°C auf 50°C hochgedreht. Wir müssten also massenweise aus dem Wasser springen - also z.B. das Web mit seinen unendlich vielen und dispersen Infoquellen verlassen. Warum passiert das nicht?
Oder ist es vielleicht vielmehr so, dass nur die negativen Nachrichten und eine Art Panikmache in Bezug auf unkontrollierte Mediennutzung für Aufmerksamkeit sorgen, während die Geschichten über Menschen, die (moderne) Medien funktional und sinnvoll einsetzen, keinerlei Publikation oder Diskussion wert sind.
"Das Internet" bzw. "das Web" ist nur eine technische Infrastruktur, die eine Nutzung von verschiedenen digitalen Medien ermöglicht, ist also nur ein moderner Medienträger, der vielfältig genutzt werden kann. Ein Vergleich der technischen Plattform "Internet" mit dem Offsetdruck ist vermutlich ganz passend, da es sich bei dem Druckverfahren auch um eine Art Infrastruktur zur Erstellung von Medien (Buch, Zeitung, Plakat etc.) handelt.
Aber ist das tatsächlich so? Eigentlich wird das Wasser gerade nicht langsam erhitzt, sondern die Temperatur sprunghaft von 20°C auf 50°C hochgedreht. Wir müssten also massenweise aus dem Wasser springen - also z.B. das Web mit seinen unendlich vielen und dispersen Infoquellen verlassen. Warum passiert das nicht?
Oder ist es vielleicht vielmehr so, dass nur die negativen Nachrichten und eine Art Panikmache in Bezug auf unkontrollierte Mediennutzung für Aufmerksamkeit sorgen, während die Geschichten über Menschen, die (moderne) Medien funktional und sinnvoll einsetzen, keinerlei Publikation oder Diskussion wert sind.
Internet-basierte Medien
Häufig wird bei der Kritik an der Nutzung des Internets ebenfalls vergessen, dass wir hier von einer Vielzahl sehr unterschiedlicher Medien sprechen und nicht nur von einem einzigen Medium."Das Internet" bzw. "das Web" ist nur eine technische Infrastruktur, die eine Nutzung von verschiedenen digitalen Medien ermöglicht, ist also nur ein moderner Medienträger, der vielfältig genutzt werden kann. Ein Vergleich der technischen Plattform "Internet" mit dem Offsetdruck ist vermutlich ganz passend, da es sich bei dem Druckverfahren auch um eine Art Infrastruktur zur Erstellung von Medien (Buch, Zeitung, Plakat etc.) handelt.
Sinnvolle Diskussionen?
Eine Diskussion über die Nutzung moderner Medien ist sicherlich nicht falsch. Denn alles, was mit den digitalen, webbasierten Medien zu tun hat, ist noch lange nicht 100%-ig etabliert – auch wenn dies für einige von uns so scheinen mag. Selbst über die Nutzung von E-Mails (dem derzeit am häufigsten genutzten Internet-basierten Medium) wird noch diskutiert, was man von einem handgeschriebenen Brief wohl nicht mehr behaupten kann.
Die Diskussionen über einen gefährlichen "Information Overload" oder eine extreme Nutzung von Medien sind auch nicht ganz unbegründet. So viele revolutionäre Veränderungen im Informations-, Kommunikations- und Medienbereich, wie in den letzten zwei Jahrzehnten, gab es noch in keiner Lebenszeit vergangener Generationen. Kein heute lebender Mensch kann mehr alle ihm zur Verfügung stehenden Informationen auch nur ansatzweise aufnehmen, geschweige denn wirklich verarbeiten.
In der heutigen Zeit zählt insbesondere die gekonnte Selektion, Priorisierung und das Ausblenden von Informationen und Inhalten. Bei so vielen unterschiedlichen und sich permanent entwickelnden Informationen, Erkenntnissen und Meinungen ist dies durchaus eine Herausforderung für Menschen jeden Alters.
Die Diskussionen über einen gefährlichen "Information Overload" oder eine extreme Nutzung von Medien sind auch nicht ganz unbegründet. So viele revolutionäre Veränderungen im Informations-, Kommunikations- und Medienbereich, wie in den letzten zwei Jahrzehnten, gab es noch in keiner Lebenszeit vergangener Generationen. Kein heute lebender Mensch kann mehr alle ihm zur Verfügung stehenden Informationen auch nur ansatzweise aufnehmen, geschweige denn wirklich verarbeiten.
In der heutigen Zeit zählt insbesondere die gekonnte Selektion, Priorisierung und das Ausblenden von Informationen und Inhalten. Bei so vielen unterschiedlichen und sich permanent entwickelnden Informationen, Erkenntnissen und Meinungen ist dies durchaus eine Herausforderung für Menschen jeden Alters.
Die scheinbar größte Herausforderung ist allerdings die Definition von gemeinsamen Grundlagen für Wissen, Bildung und Ideologien – und eben deren Selektion und Priorisierung. Denn so individuell wir alle auch sind, wollen wir doch immer wieder Gemeinsamkeiten mit anderen Menschen teilen. Der Informations- und Wissenpool, der uns global zur Verfügung steht, ist allerdings schon lange nicht mehr überschaubar und taugt daher auch nicht mehr für eine Definition von "Allgemeinbildung" oder "normalen Fertigkeiten".
Da heutzutage nahezu jede Studie und jede Erkenntnis (zum Teil durchaus berechtigt) in
Frage gestellt werden kann, ist es wichtig die Prozesse der individuellen
Selektion von Informationen und der daraus resultierenden individuellen Meinungsbildung zu
erlernen. Somit wird zumindest eine Grundlage für sinnvolle Diskussionen geschaffen, die nicht auf Rechthaberei basieren, sondern in denen verschiedene Standpunkte erörtert werden, mit dem Ziel gemeinsam neue Optionen und Erkenntnisse zu erzielen oder Problemlösungen zu entwickeln.
Kann man passendes Selektieren aber überhaupt lernen? Wie funktioniert das, wenn jeder Mensch eine andere Kombination aus Quellen nutzt und es kein Rezeptbuch für "richtiges" Selektieren gibt?
Kann man passendes Selektieren aber überhaupt lernen? Wie funktioniert das, wenn jeder Mensch eine andere Kombination aus Quellen nutzt und es kein Rezeptbuch für "richtiges" Selektieren gibt?
Flexible Unterstützung vs. feste Regeln
Wie jüngere Publikationen und Diskussionen im TV oder in Online-Medien vermuten
lassen, arbeiten einige "gebildete" Autoren
bzw. Diskussionsteilnehmer momentan darauf hin, dass gesetzliche Schranken aufgebaut werden sollen, die einen
schädlichen Umgang mit neuen Medien verhindern sollen. Aber sind feste Regeln
oder Verbote bei der Bildung von Medienkompetenz wirklich hilfreich?
Meine Erwartungen an alle "gebildeten" Menschen ist eher, dass sie andere Menschen, egal welchen Alters, bei der Entwicklung von Selektions- und Nutzungsprozessen unterstützen. Statt nach Verboten zu rufen, sollten sich meines Erachtens nach vielmehr die Rufe nach einer frühzeitigen Auseinandersetzung mit Medien jeglicher Art verstärken. Dabei sollten gedruckte Werke, Theateraufführungen und TV-Sendungen mit dem gleichen kritischen Blick betrachtet werden wie die noch sehr jungen digitalen Medien.
Meine Erwartungen an alle "gebildeten" Menschen ist eher, dass sie andere Menschen, egal welchen Alters, bei der Entwicklung von Selektions- und Nutzungsprozessen unterstützen. Statt nach Verboten zu rufen, sollten sich meines Erachtens nach vielmehr die Rufe nach einer frühzeitigen Auseinandersetzung mit Medien jeglicher Art verstärken. Dabei sollten gedruckte Werke, Theateraufführungen und TV-Sendungen mit dem gleichen kritischen Blick betrachtet werden wie die noch sehr jungen digitalen Medien.
Wie in nahezu allen Lebensbereichen sind wir
Menschen recht unterschiedlich in unserer Lernfähigkeit und benötigen zu
unterschiedlichen Zeiten Unterstützung bei der Entwicklung neuer Fähigkeiten. Häufig genug können wir uns nicht einmal aussuchen, wann wir eine Fähigkeit
erlernen, da dies von vielen äußeren Einflüssen abhängig ist. Dies sollte insbesondere bei der Erziehung von Kindern und Jugendlichen berücksichtigt werden.
Bei der Entwicklung von Medienkompetenz und insbesondere der Fähigkeiten zur Selektion und Zuordnung von Informationen sind daher gute, verantwortungsbewusste Beobachter und Unterstützer gefragt. Solche Menschen (egal ob Elternteil, Erzieher, Lehrer, Freund oder Coach), die Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zur Seite stehen und noch weit vor dem Fall einer drohenden Überforderung sinnvolle Alternativen und Perspektiven anbieten können. Und dies nicht nur in Bezug auf die Nutzung von (neuen) Medien. Die Unterstützer sollten allerdings auch bereit sein, sich mit den neuen Inhalten und Herausforderungen wirklich auseinanderzusetzen. Veraltete Wertesysteme sind insbesondere im Fall der Ausbildung von Medienkompetenz fehl am Platz.
Bei der Entwicklung von Medienkompetenz und insbesondere der Fähigkeiten zur Selektion und Zuordnung von Informationen sind daher gute, verantwortungsbewusste Beobachter und Unterstützer gefragt. Solche Menschen (egal ob Elternteil, Erzieher, Lehrer, Freund oder Coach), die Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zur Seite stehen und noch weit vor dem Fall einer drohenden Überforderung sinnvolle Alternativen und Perspektiven anbieten können. Und dies nicht nur in Bezug auf die Nutzung von (neuen) Medien. Die Unterstützer sollten allerdings auch bereit sein, sich mit den neuen Inhalten und Herausforderungen wirklich auseinanderzusetzen. Veraltete Wertesysteme sind insbesondere im Fall der Ausbildung von Medienkompetenz fehl am Platz.
Sensoren für das heiße Wasser
Was nun die Metapher mit den Fröschen betrifft, gilt wohl, dass wir alle
möglichst frühzeitig ein Gefühl für "Temperaturveränderungen"
entwickeln sollten. Mit so einer Fähigkeit ausgestattet, könnten wir vermutlich
schneller spüren, wann es zu heiß wird und wir unsere Informationsquellen (egal
ob gedrucktes Buch, Online-News oder Facebook via Smartphone) zur Seite legen
oder abschalten sollten, um wieder etwas abkühlen zu können ...
Hinweis: Der Artikel wurde am 02.03.2015 leicht überarbeitet.
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